Im Interview mit der Stiftung Gesundheit Ende vergangenen Jahres zeigte Medienwissenschaftler und Buchautor Gerald Lembke einen Weg zwischen ignoranter Technikverteufelung und naiver Technikabhängigkeit auf. Smartphones sind zum normalen Multifunktionsbegleiter geworden. Mit ihnen halten wir den Zugang zu den digitalen Parallelwelten in Händen. Handyversicherungen helfen dabei, nach Verlust oder Defekt schnell einen Ersatz zu bekommen. Am Ende bleibt die große Frage, ob wir es mit andersartigen Prothesen oder den Boten der digitalen Demenz zu tun haben.
Wie dem “digitalen Hamsterrad” entkommen?
Die Themen Gesundheit und Wohlbefinden sind längst keine rein medizinischen mehr. Die Art und Weise, wie wir in Deutschland und vielen anderen industrialisierten Gesellschaften täglich unser Leben führen, hat auch Einfluss auf Körper und Geist. So bewegen sich die meisten Menschen nicht nur in der biologisch-physischen Welt – man nennt diese gern „Realität“ -, sondern sind auch in unsichtbaren, in digitalen Welten unterwegs. Und kein Gegenstand steht so sehr für unser digitales Leben wie das Smartphone.
Im Interview mit der Stiftung Gesundheit sprach Gerald Lembke, Autor des Buches „Im digitalen Hamsterrad. Ein Plädoyer für den gesunden Umgang mit Smartphone & Co.“, über seinen Ansatz zum gesunden Umgang mit den allgegenwärtigen Versuchungen, komplett im Digitalen abzutauchen. Die Betreiber von Plattformen wie Facebook, Twitter etc. sprachen immer schon von „sozialen Netzwerken“. Doch das tatsächlich Soziale, also der reale Umgang zwischen Menschen, dürfe laut Lembke nicht durch das Digitale verdrängt werden. Im Interview berichtet Professor Lembke vor allem auch aus seinen eigenen Erfahrungen heraus und wie er die Balance für ein Leben mit und nicht gegen digitale Technik gefunden hat.
Lembke: Reflexion und bewusst eingeschränkte Nutzung
Der Ansatz von Gerald Lembke hat seinen Ausgangspunkt in der Reflexion nach 5 Jahren digitalem Konsum, der bei ihm aus dem Gleichgewicht geraten war. Lembke gehörte zu den Menschen, die seit dem ersten Smartphone von dieser Technologie begeistert waren und sich damit intensiv beschäftigten, sie in ihren Alltag fest integrierten: „…vor neun Jahren gab es ein göttliches Ereignis für mich: Das erste iPhone kam auf den Markt. Damit konnte man plötzlich alles mobil erledigen. Das hat mich dann so fasziniert, dass ich von dem Gerät nicht mehr weg kam. Fünf Jahre später merkte ich dann, dass ich mich inzwischen mehr mit digitalen als mit realen Themen beschäftigte. An diesem Punkt begann ich zu reflektieren und realisierte, dass ich immer weniger physische Kontakte hatte und immer mehr in diese digitale Virtualität abdriftete. Damit ging es mir nicht gut – auch körperlich nicht.“ Mit der auch von ihm körperlich spürbar gewordenen Unausgewogenheit begann für Lembke der Wandel hin zu einem reflektierten und bewussten Verhalten. („Smombies“ on Tour: Wege aus dem digitalen Hamsterrad)
So berichtet er von dem positiven Effekt, mit fremden Menschen realen Umgang üben zu müssen. „Das spannende an diesem dreieinhalbtägigen Seminar war, dass wir unsere Smartphones und Computer zu Beginn abgeben mussten. Es war also ein Wochenende komplett ohne digitale Geräte – was ich bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr kannte…und nun war ich mit Menschen zusammen, die ich mir nicht aussuchen konnte und mit denen ich zusammen verschiedene Übungen, Küchenarbeit und Gartenarbeit machen musste. Das war für mich eine besondere Herausforderung. So habe ich überhaupt wieder gelernt real zu kommunizieren und auf andere zuzugehen – alles was in der Virtualität eben nicht notwendig ist.“
Das richtige Maß
Lembke steht für eine ergänzende Beziehung vom Menschen zum Smartphone, von uns zu unseren virtuellen Welten. Damit nimmt der Medienwissenschaftler eine gemäßigte Position ein. Ein gesunder Umgang mit diesen Technologien besteht somit darin, sie als Erweiterung des täglichen Lebens zu nutzen. Allerdings sollte man sich im selben Maß der Probleme bewusst sein. Obszessiver Gerbauch kann leicht in einer Form von Sucht münden. Es ist daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kinder und Jugendliche von Anfang an einen gesunden und gewinnbringenden Zugang zum digitalen Raum aufzuzeigen.
Im Vergleich zu anderen Technologien des Alltags, vor allem zum Auto, haben sich gerade Smartphones unglaublich schnell etabliert. In kürzester Zeit sind die so normal geworden, dass sie für die meisten Menschen vermutlich wirklich nicht mehr wegzudenken sind. Neben ihrem Materialwert, also dem Preis für ein neues Smartphone, haben sie einen nicht bezifferbaren emotionalen, psychologischen und sozialen Wert. Wertvoll genug, dass man sich gegen den Defekt, Verlust oder Diebstahl seines Smartphones versichern lassen kann. (Handyversicherung Test)
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„Digitale Demenz“ oder große Bereicherung?
In der Debatte um unseren Umgang mit Smartphones, mit dem Internet und mit der digitalen Parallelwelt überhaupt kann man zwei weitere Positionen ausmachen. Auf der einen Seite gibt es die Warnungen und zum Teil drastischen Hinweise wie die eines Manfred Spitzers, der das Buch „Digitale Demenz“ schrieb. Wir und unsere Kinder würden die Konsequenzen unserer immer weiter zunehmenden Digitalabhängigkeit in Form von körperlichen und geistigen Schäden zu spüren bekommen – wenn nicht eine Abkehr vollzogen werden würde.
Am anderen Ende dagegen findet sich die Idee des Smartphones als Erweiterung unseres Körpers und unseres Denkens. Vor allem kommunikative Funktionen in einem Gerät vereint, sind die kleinen „Supercomputer“ im Taschenformat Teil von uns geworden. Smartphones sind demnach mehr als bloße Technik, also mehr als nur viele Werkzeuge in einem Apparat. Sondern sie sind eine Prothese, ohne die wir nicht mehr so leben können, wie wir es mittlerweile gewohnt sind. Teilweise sind neue Strukturen ohne die digitale Vernetzung schlicht nicht aufrecht zu erhalten.
Smartphones als Sozial-Prothese
Ein anderer Autor, Bert te Wildt („Digital Junkies“) schreibt passend dazu: „Das Smartphone ist somit nicht nur ein Gestalt gewordener Selbstreflex, sondern auch eine individuelle Kumulation des Anderen in unserem Leben. Es ist das digitale Beziehungsobjekt schlechthin und somit Ausdruck unserer zwischenmenschlichen Bedürfnisse. Und es weiß damit bald besser als wir selbst oder eine einzelne Bezugsperson, wie wir ticken, wen oder was wir brauchen.“ (Psychoprothese Smartphone) Und in der Tat: Smartphones sind mehr noch als andere Geräte zur Sozial- oder eben Psychoprothese geworden.
Und als solche vergrößern sie den Raum für persönliche wie gänzlich unpersönliche Interaktionen. Umgekehrt verkürzen sie die übrig gebliebenen Entfernungen noch ein Stück mehr. Gewinn und Gefahr sind im Smartphone als teilweise wertvollster Besitz in den Händen vieler Menschen vereint. Dazu noch einmal te Wildt: „Dieses neuartige technologische Beziehungsorgan, das wir Smartphone nennen, ich will es nicht aus der Hand geben, schon gar nicht in die Hände von Politik und Wirtschaft.“
Die Verlockungen des einarmigen Banditen
Sich vollständig in etwas zu verlieren, muss nicht immer Zeichen von leidenschaftlicher Hingabe zu einer Sache sein. Wenn es in die falsche Richtung läuft, entwickelt sich daraus ein Suchtverhalten. Ein Leben ohne es – hier: das Smartphone und seine vielfache Vernetzung – ist für den Süchtigen deshalb nicht denkbar, weil einem dort etwas gegeben wird, das ein starkes Bedürfnis befriedigt. Gerade dann, wenn es dieses Bedürfnis erst kreiert und dann weiter fördert. In kleinen Stücken aus dem Gerät heraus mit Erfolgsmeldungen (Likes, Shares, Retweets etc.) gefüttert zu werden, macht den Output für den Süchtigen unvorhersagbar und damit zu einem Glücksspiel, das ständig mit der nächsten Belohnung überraschen kann.
Wer sich dagegen der Nützlichkeit und der Chance für Zeitverschwendung gleichermaßen bewusst ist, kann das Handy beruhigt liegen lassen. Der scheinbar endlose Strom von Updates, News und Nachrichten ist mit etwas Abstand betrachtet dann doch jeden Tag der gleiche. So wie ein Fluss auch am nächsten Tag noch fließt und aber neues Wasser durch die Gegend spült. Auch die digitale Welt dreht sich weiter, wenn man ihr kurz oder lang den Rücken kehrt.
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Source: Testsieger Berichte