Bei der Mediation geht es weniger darum, einen Streit beizulegen, als ihn nachhaltig zu lösen. Gerade zur Vermeidung teurer Gerichtsverfahren bieten mittlerweile Rechtsschutzversicherungen durchweg die Vermittlung eines Mediators an. Dass auch gesamtgesellschaftlich diese Form der Konfliktbewältigung an Bedeutung gewinnt, dies bestätigen Umfragen unter der Bevölkerung ebenso wie Wissenschaftler. Verbraucher haben aber nicht immer die freie Wahl, wie und von wem sie ihren Konflikt lösen lassen können. Hier unterscheiden sich selbst aktuelle Testsieger voneinander.
Stand der Mediation in Deutschland
In Deutschland hat in Umfragen eine Mehrheit der Menschheit großes Vertrauen in den Erfolg von Mediationen und zieht diese Form einem Gerichtsverfahren in der Regel vor. Aus Sicht der Wissenschaftlerin Dr. Kriegel-Schmidt von der BTU Cottbus stellt Mediation zudem das Ergebnis eines Wandels in unserer Kommunikationskultur dar bzw. führt Mediation diese Wandel mit herbei. „Mediation ist in all dem ein Modus, Druck aus Beziehungen herauszunehmen und Vielfalt fruchtbar zu machen“, erklärt Dr. Kriegel-Schmidt in einem aktuellen Interview. (Deutsche Stiftung Mediation, 21.10.2017)
In Deutschland sei das Thema Mediation in letzter Zeit von einer Vielzahl verschiedener Organisationen und Netzwerke nach vorne gebracht worden. „Mediation ist im Unterschied zu anderen Ländern eine echte Grasrootbewegung. Seit kurzem beginnt sich die Forschung auf vergleichbarer Basis zu konsolidieren. Internationale Kooperationen im Bereich Mediation finden unter Mitwirkung von Akteuren aus Deutschland statt.“ Und auch das Verständnis unter jungen Menschen scheint in Sachen Mediation weit verbreitet zu sein. Die Dozentin erzählt dazu aus ihrer Erfahrung, „dass mindestens 60 % jedes Jahrgangs von Mediation in irgendeinem Zusammenhang schon einmal gehört hat. In einigen Fächern scheint es bei Studienanfängern sogar fast niemanden mehr zu geben, der von Mediation nicht schon einmal irgendwie in seiner Schulzeit gehört hat oder durch Mediation zumindest tangiert war, wie zum Beispiel durch Schülermediation. Sie sehen, es kommt also langsam Bewegung ins Spiel.“ (ebd.)
Mediation ist übliche Leistung der Rechtsschutzversicherung
Im Bereich der privaten Rechtsschutzversicherung hat es sich etabliert, dass den Versicherungsnehmern die Möglichkeit einer Mediation angeboten wird. Das ist für alle Beteiligten – den Versicherer eingeschlossen – eine attraktive Alternative zu möglicherweise kostspieligen Gerichtsverfahren. Unter den jüngsten Testsiegern (Rechtsschutzversicherung Test) weisen einige Versicherer besonders prominent auf ihren Mediation-Service hin.
So gehört die Mediation als „intelligente Konfliktlösung“ zu den wichtigen Serviceleistungen der KS/Auxilia. Bei der ARAG und der ROLAND enthält jede Tarifvariante der Rechtsschutzversicherung die Mediation. Die ERGO, deren Rechtsschutzversicherung ebenfalls über den Testsieger D.A.S. vertrieben wird, weist direkt auf den Service der Mediation hin.
Eher Telefonisch: Shuttle-Mediation ist verbreiteter als Face-to-Face-Vermittlung
Von den genannten Versicherern bieten alle eine telefonische Mediation an. Diese Variante wird auch Shuttle-Mediation genannt, weil der Vermittler zwischen dem Gespräch mit dem Versicherten und mit der Gegenseite wie ein Shuttle hin und her wechselt. Dagegen bietet ADVOCARD, ebenfalls Testsieger, zusätzlich noch die Face-to-Face-Mediation an. Hier wird von Angesicht zu Angesicht jede Streitpartei an einen Tisch gebracht. Bei der ARAG haben Kunden die Wahl, Konflikte persönlich oder telefonisch von einem Mediator lösen zu lassen.
Ein Grund dafür, dass die Mehrzahl der mit Bestnoten ausgezeichneten Rechtsschutzversicherer die telefonische Mediation bevorzugt, dürfte die dadurch gegebene Distanz und Sachlichkeit sein. Die Emotionen können beim Shuttle-Verfahren weniger hochkochen. Und vermutlich ist es den meisten Versicherten lieber, die Gegenpartei nicht persönlich konfrontieren zu müssen. Zumal die unpersönliche Konfliktbearbeitung den Alltag weniger belastet als persönliche Gesprächstermin dies sicherlich tun würden.
Die Vorteile der persönlichen Mediation
Allein im Großraum Berlin finden sich zahlreiche Agenturen, die Mediationen durchführen. Sei es, ein Konflikt im Unternehmen oder der Streit in der Familie. Die große Stärke liegt dabei in der persönlichen Mediation vor Ort. Anstelle der objektiven Distanz tritt hier die vertrauensvolle Beziehung der Betroffenen zum Mediator bzw. Mediatoren-Team. Verständnis für die Belange der Konfliktparteien kann von Angesicht zu Angesicht mitunter glaubhafter aufgebracht werden, als am Telefon. Die Mediation ist weniger anonym, was ein wichtiger Vorteil der persönlichen Mediation ist.
Engagieren sich mehrere Mediatoren als Team für die Lösung eines Konflikts, können unterschiedliche Perspektiven auf einen Fall zur Streitbeilegung genutzt werden. Dagegen wird von den Rechtsschutzversicherungen in der Regel ein einzelner Mediator beauftragt. Dabei handelt es sich meist um erfahrene Juristen, die für die Betroffenen Wege zur Vermeidung von Gerichtsverfahren ausloten. Die Präsenzmediation bietet eine bessere Möglichkeit, sich in die unterschiedlichen Befindlichkeiten hineinzuversetzen.
3 Fragen, 3 Antworten: Sosan Azad (Streit Entknoten GmbH)
3 Fragen haben wir an Frau Sosan Azad, Geschäftsführerin der Streit Entknoten GmbH, gestellt. Ihr Büro für Mediation und Interkulturelle Kommunikation vermittelt bei Konflikten innerhalb von Familien und Organisationen. Streit Entknoten ist zudem Anbieter von Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir bedanken uns bei Frau Azad für das Beantworten unserer Fragen.
1. Nun haben Sie und Ihre Kollegen sich auf die Mediation vor Ort mit den Betroffenen spezialisiert. Werden Konflikte auf diese Art nachhaltiger gelöst im Vergleich zum rein telefonischen Vermitteln?
Unser Ansatz und Verständnis von Mediation ist, dass Menschen sich vor Ort begegnen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Daher können wir diese Verfahren nicht miteinander vergleichen.
2. Die Mitglieder des Kompetenzteams von Streit Entknoten kommen aus unterschiedlichen Disziplinen. Wie wirkt es sich auf die Mediation aus, neben juristischer Expertise noch weitere Fachkenntnisse einbringen zu können?
Fachexpertise hat eine gewisse Auswirkung auf eine Mediation. Ein Mediator, der z.B. über eine Ausbildung und Praxis als Sozialarbeiter, Psychologe o.ä. in seinem Grundberuf verfügt, wird bei Familien-, Partner- oder Konflikten mit Jugendlichen schneller den Sachverhalt verstehen als ein Mediator mit einen Hintergrund als Angestellte einer Verwaltungsbehörde. Diese hat wiederum mehr Erfahrungen mit innerbetrieblichen Konflikten in Institutionen. Doch grundsätzlich ist Mediation ein strukturiertes Verfahren, das jeder ausgebildete Mediator in jedem Bereich gleich gut anwenden kann.
Das betrifft in meinem Unternehmen z.B. den Schwerpunkt Integration von Migranten/Geflüchteten. Eigene Migrationserfahrungen können bei Mediationen mit diesem Schwerpunkt durchaus helfen, die Situationen von geflüchteten Menschen bessere und tiefer gehend zu verstehen, sie ggf. der Gegenseite, die diese Erfahrungen nicht hat, besser zu vermitteln und die Medianden dabei zu begleiten, zu guten Lösungen für beide Seiten zu kommen.
3. Die Versicherer werben mit Erfolgsquoten ihrer Mediatoren von 75 Prozent und mehr – wohl weil die Kosten eines Rechtsstreits vermieden werden konnten. Können Sie und Ihr Team ähnlich häufig Erfolge verzeichnen? Und wie definiert man bei Streit Entknoten eine erfolgreiche Mediation?
Erfolgreich ist für uns, wenn beide Seiten mit der Lösung einverstanden und bereit sind, an diesen Lösungen zu arbeiten und/oder sie umzusetzen um den Konflikt nachhaltig zu lösen. Das ist natürlich nicht immer der Fall. Doch auch schon kleine Veränderungen können viel an einem Konflikt ändern. Vor allem, wenn die Mediation eine Situation geschaffen hat, dass jede Konfliktpartei die Gegenseite mit ihrer Position und den dahinter liegenden Interessen und Gefühlen ohne Stress erst einmal hören und im besten Fall nachvollziehen oder gar verstehen konnte.
Wir haben keine Evaluationen und Erhebungen durchgeführt. Aus dem Feedback unserer Medianden können wir jedoch schließen, dass die Mehrzahl die Mediation als hilfreich bezeichnet hat.
Zahlt die Rechtsschutzversicherung für selbst gewählte Mediatoren?
Die Anbieter von Rechtsschutzversicherungen unterscheiden sich voneinander auch dadurch, wie die Mediation zustande kommt. Erfasst der Versicherungsschutz auch die Kosten für einen selbst gewählten Mediator oder bestimmt der Versicherer jemanden für die Konfliktlösung? Hier bieten auch die jüngsten Testsieger nicht immer die Möglichkeit, dass die Versicherungsnehmer über den Mediator entscheiden können. Ein Vergleich von Rechtsschutzversicherungen aus dem Jahr 2013 zeigt, wie flexibel die Versicherer in dieser Frage waren. Die D.A.S., die WGV, Advocard, Auxilia, Roland, Arag und andere Anbieter mit sonst hervorragenden Testergebnissen leisteten zum Zeitpunkt der Studie von Mediation GmbH fairmitteln&fairfinden nur für von ihnen selbst vermittelten Mediatoren. (Mediation und Rechtsschutz – eine Studie)
Die Allianz stellte sich im besagten Vergleich als einer der wenigen Versicherer heraus, bei dem Kunden die Wahl geboten wird. Damit ist sie der einzige Testsieger, der nicht über die Person des Mediators entscheidet. Für die Betroffenen kann bei einem vom Versicherer bestimmten Mediator der Eindruck entstehen, dass um jeden Preis ein Gerichtsverfahren verhindert werden soll. Schließlich müsste der Versicherer dann mehr leisten als die Mediation kostet. Es kommt dann auf den einzelnen Konfliktvermittler an, durch Vertrauen und Engagement solche Befürchtungen auszuräumen.
Angebote vom Makler für Tarife mit bester Mediation-Leistung
Für die Entscheidung zwischen verschiedenen Rechtsschutzversicherungen lohnt sich angesichts der Unterschiede in puncto Mediation ein Blick in die konkreten Versicherungsbedingungen. Weil gewöhnliche Tarifrechner diese Leistung häufig nicht berücksichtigen, kann ein unabhängiger Makler auf Wunsch gezielt Angebote einholen.
Gängige Tarifrechner weisen im Leistungsvergleich zwar aus, ob und in welchem Ausmaß Mediationen versichert werden. Aber über die Wahl des Mediators wird meistens keine Auskunft gegeben.
Fazit
Dass die Mediation eine veritable Alternative zum Gerichtsstreit ist, das ist einer zunehmenden Zahl von Menschen bekannt. Das Konzept der Lösung von Konflikten mittels Kommunikation wird der nächsten Generation bereits früh nahegebracht. So haben irgendwann auch die Rechtsschutzversicherer die Mediation als Mittel zur Vermeidung größerer Kosten erkannt. Verbraucher können von jedem Versicherer erwarten, dass die Mediation mitversichert ist. Nur die Wahlfreiheit hat sich noch nicht am Markt durchgesetzt. Nur wenige der ansonsten mit Topnoten ausgezeichneten Anbieter erlauben es den Kunden, selbst einen Mediator zu bestimmen.
Mit Blick auf die Testberichte zur Rechtsschutzversicherung lässt sich sagen, dass mit Berücksichtigung von Mediationsverfahren über die Kosten hinaus einige Anbieter besser abschneiden würden als sie es bislang tun. Doch noch überprüfen die Tests Rechtsschutzversicherer nicht auf den Aspekt des konkreten Mediationsangebots. Es wird in der Regel lediglich darauf geschaut, ob die Vermittlung eines Konflikts grundsätzlich mitversichert ist oder nicht. Wer bei der Wahl eines Anbieters darauf besonderen Wert legt, ist mit der persönlichen Beratung eines unabhängigen Versicherungsexperten besser bedient.
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